Im Wartesaal
Zusammen mit dem bayerischen Satiriker und Kabarettisten Christoph Süß hat jangled nerves in München einen aufwändigen Film für das Haus der Bayerischen Geschichte gedreht. »Wartesaal – Bayern in den 1920er Jahren« lässt die Zwanzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts im Freistaat lebendig werden – eine Zeit des Wartens, der Orientierungslosigkeit und großer technischer Neuerungen. Eine Zeit mit erstaunlich vielen Parallelen zu heute.
Neben Christoph Süß, der auch das Drehbuch schrieb, waren viele bekannte Schauspieler beteiligt: Max Uthoff und Luise Kinseher, Christian Springer und Helmut Schleich. Marc Schleiss (jangled nerves) führte Regie.
Der zwanzigminütige Film eröffnete die Sonderausstellung »Tempo, Tempo – Bayern in den 1920ern« im Haus der Bayrischen Geschichte in Regensburg. Diese sollte Besuchern die politisch und sozial brisante Zeit atmosphärisch nahebringen. Vor allem museumsferne Zielgruppen sollten für die Epoche zwischen den Weltkriegen begeistert werden.
Das kluge und ironische Drehbuch von Christoph Süß verfolgt einen inspirierenden Ansatz in Verbindung mit einem ungewöhnlichen filmischen Konzept: Die Kamera begleitet Süß als frotzelnden Erzähler durch artifizielle Szenenbilder, die als »virtuelle Schaukästen« den Blick in die verschiedenen Szenerien der damaligen Zeit in Bayern ermöglichen.
Das szenische Design entstand als ein Hybrid aus real gebautem Set und digitaler Set-Extension auf großer LED-Wand. Das digitale Set wird live beim Dreh über die Game-Engine Unreal generiert und zugespielt. Dank eines von jangled nerves optimierten Tracking konnte sich die Kamera völlig frei bewegen. Die Schauspieler agierten so direkt im virtuellen Bühnenbild. Je nach Kamerastandort passt sich das Hintergrundbild einer Szene perspektivisch perfekt an den Betrachtungswinkel an.
Zum ersten Mal hat jangled nerves für ein derartiges Konzept keinen Greenscreen-Shoot mit aufwendiger Postproduktion realisiert, sondern einen »What-you-see-is-what-you-get-Film« gedreht. Diese Art zu Drehen ist auch eine Parallele zur Filmkunst der 1920erJahre – nur eben mit der Technik von heute.
Konzeptionell kommen auf diese Weise gleich mehrere Genres zusammen – Theater, Film und Doku. Und immer mittendrin: Erzähler Christoph Süß. Auf diese Weise durchschreitet er das wilde Jahrzehnt und bringt uns den Zeitgeist und die Menschen Bayerns und Münchens der 1920er Jahre näher. Mal lustig, mal tragisch, aber immer mit einem Augenzwinkern versehen.
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